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Umgang mit Unsicherheiten

Für die konkrete Ausgestaltung des Kinderschutzes vor Ort bieten folgende Grundhaltungen Orientierung:

Grundhaltung 1

Kinderschutz ist systemrelevant, der Schutzauftrag ist in Coronazeiten ebenso zu erbringen wie in anderen Zeiten und das Wächteramt kann und darf nicht abgelegt werden.

 

Grundhaltung 2

Bei allen Kontaktbeschränkungen sind auch persönliche Kontakte zwischen Fachkräften und Kindern notwendig.

So fordert der Kinderschutzbund z.B. „Beratungsstellen brauchen Ausnahmeregelungen, um Schutz und Kontakt in der Krise zu ermöglichen. Hierzu müssen die Mitarbeiter*innen aber optimal geschützt sein…“ (www.kinderschutz-zentren.org). Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) formuliert in ihrem Zwischenruf „Wenn Kümmerer*innen selbst Hilfe brauchen... Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Kinder- und Jugendhilfe“: „Erst recht muss klar sein, dass persönliche Begegnungen in der Sozialen Arbeit nicht ersetzbar sind und diese sich in ihrer Grundanlage des individuellen direkten Kontaktes durch die nun ausgeweiteten Kommunikationsformen nicht grundlegend verändern können, sondern lediglich temporär methodisch erweitert werden.“ (www.jugendhilfeportal.de/fokus/coronavirus)

Und das Institut für E-Beratung der Technischen Hochschule Nürnberg hebt hervor: „Bei allen Überlegungen in Zeiten von Corona mit den Ratsuchenden online in Kontakt zu treten, sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass es Ratsuchende gibt, für die diese Form der Beratung zu hochschwellig ist (sprachliche/kognitive Barrieren, Zugang zum Netz etc.). Insofern sollte bei der Ausgestaltung des „Krisen-Beratungskonzepts“ auch auf diese Zielgruppen geachtet werden und z. B. die Möglichkeit von telefonischer Beratung und/oder – wo angemessen und vertretbar – unter besonderen Schutzvorkehrungen (s. RKI) auch eine Präsenzberatung angeboten werden.“ Und weiter: „Onlineberatung erreicht vor allem dann Grenzen, wenn es um diagnostische Fragestellungen oder akute Krisenintervention geht.“ www.e-beratungsinstitut.de/wordpress).

Das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft rät zur Gestaltung der monatlichen Kontakte durch die Vormünder in der Coronakrise folgendes: „Vormund*innen haben häufig ein Vertrauensverhältnis zu den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen und können für diese gerade in der Krise ein wichtiger Pfeiler der Unterstützung sein. Bei Kindern und Jugendlichen, ihren Pflegefamilien sowie bei den Einrichtungen besteht zunehmend Beratungs- und Unterstützungsbedarf, der durch die Corona-Krise teilweise noch erhöht ist. Daher müssen Kontakte gerade jetzt aktiv gesucht und gestaltet werden – wo möglich auf elektronischem Wege, am besten in Form von Videokommunikation, wenn notwendig auch persönlich bei Einhalten von Verhaltensregeln.“ Und weiter: „Bei elektronischen Kontakten kann informiert, Belastungen erfragt und dazu beraten werden. Daraus kann sich allerdings die Notwendigkeit eines persönlichen Kontakts ergeben – nicht erst im Fall des schon akuten Notfalls. Sollten Dienstanweisungen dagegensprechen, können Vormund*innen auf die fachliche Weisungsfreiheit hinweisen, denn hier ist das fachliche Handeln zum Wohle des Kindes/Jugendlichen berührt. Selbstverständlich sind die Verhaltensregeln zur Vermeidung von Ansteckung strikt einzuhalten. Kontakte im Freien reduzieren die Ansteckungsgefahr.“

(https://vormundschaft.net/vormundschaft-in-zeiten-der-corona-krise/)

Aus der Praxis berichtet das Forum, dass die regelmäßigen monatlichen Kontakte zwischen Vormund*innen/Pfleger*innen und Kindern und Jugendlichen in vielen Jugendämtern derzeit ausgesetzt werden, teilweise im Einvernehmen mit den Amtsgerichten, teilweise mit nachträglicher Information. Hierauf würden die Amtsgerichte sehr unterschiedlich reagieren. Seitens des Forums wird den Vormündern zusammenfassend für die Kontaktgestaltung Folgendes geraten:

  • sich vertraut zu machen mit elektronischen Tools,
  • die Kontakte zu Kindern und Jugendlichen, ihren (Pflege)familien bzw. Einrichtungen aktiv und sehr regelmäßig zu suchen und zu gestalten, wenn möglich mit elektronischen Mitteln, am besten videogestützt,
  • persönliche Kontakte zu organisieren, wenn es notwendig ist – nicht erst, wenn der Notfall schon entstanden ist; selbstverständlich bei Beachtung aller Verhaltensregeln,
  • aktives Nachfragen nach der Tagesgestaltung und Belastungen sowie gemeinsame Suche nach Lösungen,
  • wiederholte Angebote zu Informationen zum Virus, zur Ansteckung und möglicher Erkrankung zu machen,
  • Hinweise zu geben auf Möglichkeiten, im akuten Bedarfsfall Hilfe zu erreichen (sowohl medizinische als auch psychologische oder pädagogische Hilfestellung),
  • Sicherstellung der telefonischen oder anderweitigen Erreichbarkeit der Vormund*innen/ Ergänzungspfleger*innen zu zuverlässigen Zeiten.

Der Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche e.V. ( BVEB e.V.) hat einen Newsletter mit Hinweisen zur Kontaktgestaltung veröffentlicht. (www.verfahrensbeistand-bag.de/)

​​​​​​​Grundhaltung 3

Kinderschutz besteht nicht nur aus Krisenangeboten. Entsprechend wird in einem Appell von Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen gefordert, dass die ambulanten und teilstationären Hilfen zur Erziehung weiterlaufen und die Träger dafür entsprechend ausgerüstet werden. Dazu gehört auch, neue Hilfen in Familien mit entsprechenden Bedarfen zu installieren und Hilfeplangespräche in laufenden Hilfen zu führen (www.jugendhilfeportal.de/fokus/coronavirus). Das Jugendamt des Landkreises Hildburghausen informiert seine Bürger*innen bzgl. der Arbeitsweisen des Jugendamtes und der Freien Träger in Zeiten von Corona wie folgt: „Unsere ambulanten Leistungserbringer in den aufsuchenden Hilfen arbeiten unter höchsten hygienischen Schutzvorkehrungen in den Familien mit hohem sozialpädagogischen Anspruch weiter. Hausbesuche durch Mitarbeiter des Jugendamtes werden ebenso bei Krisen und Notsituationen weiterhin durchgeführt.“ (www.rundschau.info/informationen-zur-aktuellen-arbeitsweise) Auch Fachkräfte Früher Hilfen sollen, so die Empfehlungen des Nationalen Zentrums für Frühe Hilfen, unter bestimmten Umständen face-to-face-Kontakte umsetzen: „Die Gesundheitsfachkräfte (GFK) in den Frühen Hilfen sollen Familien gerade in diesen schweren Wochen weiter betreuen. Den Kontakt aufrechtzuerhalten, ist dabei eine wesentliche Unterstützung für die Familien. Die Betreuung sollte jetzt möglichst telefonisch oder online (z. B. Videotelefonie) erfolgen. In besonders schwierigen Situationen sollte eine face-to-face-Beratung unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln sowie den Regelungen des örtlichen Gesundheitsamtes stattfinden. Dabei sind auch Treffen im Freien möglich.“ (www.fruehehilfen.de/index.php?id=2783)

Im Amt für Kinder, Jugend und Familien der Stadt Freiburg wurde entsprechend dieser Grundhaltungen folgendes Modell erarbeitet: „Die Kinderschutzteams im KSD zählen zu den vom Land festgelegten systemrelevanten Berufsgruppen. Daher ist es ihnen in dringenden Angelegenheiten möglich, im persönlichen Kontakt mit den Familien zu bleiben und Hilfen zur Erziehung zu vermitteln. Auch Hausbesuche finden in wichtigen Fällen weiterhin statt – selbstverständlich unter Berücksichtigung der gebotenen Abstände und Hygieneschutzregeln. In akuten Fällen von Kindeswohlgefährdung ist der KSD weiter berechtigt und verpflichtet, betroffene Kinder in Obhut zu nehmen. Die Träger von Hilfen zur Erziehung halten ebenso den vereinbarten Kontakt zu den Familien: Erziehungsberatung, Sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehungsbeistandschaft, Schulbegleitung und heilpädagogische Förderung finden so weit wie möglich statt. Das gilt auch für Angebote im Rahmen der Frühen Hilfen. Wo das nicht möglich ist, etwa weil die Familie oder der junge Mensch erkrankt ist, wird die Versorgung vorübergehend per Telefon oder Videokonferenzen sichergestellt.“ (www.freiburg.de/pb/1537806.html)

Und das Jugendamt Aachen informiert:

„Dies (Anmerkung: die persönlichen Kontakte) natürlich mit Beachtung der Regeln der Hygiene und des Abstands. Ebenso wie die vom Jugendamt eingesetzten ambulanten Hilfen, die weiterhin überwiegend im persönlichen Kontakt mit den Familien arbeiten. Bei dem Verdacht einer Infektion mit dem Coronavirus werden die Kontakte per Telefon, E-Mail oder Videochats weiterhin aufrechterhalten. Die Unterstützung der Familien ist somit gesichert.“ (www.euregio-aktuell.eu/archives/29817-Kinderschutz)

Verschiedene Organisationen haben aktuell Zwischen- oder Aufrufe veröffentlicht, die auf die Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in besonderen Belastungssituationen, auf Fragen des Kinderschutzes in Zeiten von Corona und auf Probleme bei den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe hinweisen und daraus Bedarfe und Forderungen ableiten. Auch diese eignen sich zur Herausbildung und Festigung eines Standpunkts:

​​​​​​​Sich informieren über das Handeln anderer Akteure und Institutionen im Kinderschutz – Netzwerkarbeit

Mitunter werden Vorstellungen, die Fachkräfte bezüglich des Handelns anderer Akteure im Kinderschutz haben, handlungsleitend. Deshalb ist es für das eigene fachliche Handeln von großer Bedeutung, über das Handeln anderer Akteure im Kinderschutz auch in Zeiten von Corona informiert zu sein. Wir haben Frau Dr. Follmann, Kinderärztin am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern, gefragt, wie sich die Situation aktuell in der Klinik darstellt und welchen Beitrag die Klinik zum Kinderschutz in Zeiten von Corona leistet. Die Antworten finden Sie hier (das komplette Interview findet sich in der Bibliothek, s. hier)

 

Liebe Frau Follmann, wie gestaltet sich aktuell der Arbeitsalltag in der Kinderklinik in Kaiserslautern?

„Es ist aktuell relativ ruhig in der Kinderklinik, Corona-Patienten haben wir momentan keine und das Patientenaufkommen ist geringer als sonst, da viele elektive Operationen und ambulante Vorstellungen abgesagt wurden. Somit können viele Kolleg*innen soweit als möglich Überstunden abbauen, um für eine evtl. auf uns zukommende Welle personell gewappnet zu sein. Was zugenommen hat ist der Klärungsbedarf hinsichtlich organisatorischer Fragen sowie der Verwaltungsaufwand. So müssen bspw. Abläufe strukturiert werden – etwa im Umgang mit Eltern, die mit Kindern mit Corona-Symptomen in die Klinik kommen. Die Notfallambulanz für Kinder- und Jugendliche ist deutlich leerer als sonst, Eltern wägen in den aktuellen Zeiten sehr genau ab, ob sie in die Ambulanz kommen. Hintergrund ist die Angst vor Ansteckung, die auch dazu führt, dass Kinder momentan später als sonst im stationären Bereich der Klinik ankommen.“

 

Zeigen sich Veränderungen im Kinderschutz-Aufkommen?

„Mit Blick auf den Kinderschutz sind derzeit keine Veränderungen erkennbar. Ohnehin schwanken die Kinderschutzverdachtsfälle in einzelnen Monaten stark – mal stehen pro Monat fünf bis sieben Verdachtsabklärungen an, mal gibt es Monate ohne solche Abklärungen. Insofern kann für die jetzt kurze Phase keine valide Aussage dazu getroffen werden, ob sich Corona-bedingt Veränderungen abzeichnen. Die bei uns Vorstellenden sind häufig Institutionen und diese wissen, dass wir weiterhin vollumfänglich da sind. Die Wege zwischen den Institutionen sind kurz, wir sind gut vernetzt. Wenn es aber bei den Institutionen, die mit den Familien arbeiten, „weiter vorne“ hakt – im Sinne geringerer Kontakte und damit einhergehend weniger Möglichkeiten der Wahrnehmung eines evtl. Verdachts – kommen natürlich auch weniger Verdachtsfälle bei uns an.

Um Aussagen zur Entwicklung des Kinderschutzaufkommens zu erhalten, führt das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz (DGKiM) und weiteren Expert*innen des medizinischen Kinderschutzes aktuell eine Datenerhebung zur Entwicklung von Kindeswohlgefährdung im Zusammenhang mit COVID 19 in deutschen Kinderkliniken durch. Ziel ist eine aggregierte Darstellung der gesamtdeutschen Fallzahlentwicklung vor, während und nach der Zeit des Social Distancing.“
 

Was ist der aktuelle Beitrag der Kinderkliniken zum Kinderschutz?

„Im Vordergrund stehen die Beschaffung und die Weitergabe von Informationen sowie der aufmerksame Kontakt mit den Patienten. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM – s. grauer Kasten am Ende dieser Interviewpassagen) hat die Kliniken mit Hotline-Kontakten, Flyern und weiteren Anregungen für Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit versorgt. Beispielsweise gibt es vom AK Prävention der DGKiM ein Rundschreiben an alle Kliniken (COVID-19: „Denken Sie auch an die Kinder!“ – dieses finden Sie hier). Die Ärzt*innen in den Kliniken werden darauf aufmerksam gemacht, dass es aktuell von besonderer Bedeutung ist,

  • bei den Ansprechpartnern*innen in den Jugendämtern vor Ort Beratungs- und Unterstützungsangebote zu erfragen, um diese an Patienten weiterzugeben,
  • sich zu vernetzen, um auftauchende Fragen und Fallkonstellationen gemeinsam zu beraten,
  • die Patienten offensiv auf evtl. auftretende Herausforderungen im neu zu gestaltenden Familienalltag anzusprechen,
  • die Notaufnahmen für Hinweise von akzidentellen Verletzungen bei Kindern und Jugendlichen sowie Anzeichen für häusliche Gewalt bei Erwachsenen zu sensibilisieren und diese mit den Abläufen der Kinderschutzgruppe vertraut zu machen.“

 

Kamen bei Ihnen Corona-spezifische Anfragen von Netzwerkpartnern an?

„Ja, z.B. über eine Kollegin eines Fachdienstes, der Pflegefamilien mit chronisch erkrankten und behinderten Kindern begleitet. Sie hat mir viele Fragen der von ihr begleiteten Pflegefamilien weitergeleitet, die in den aktuellen Zeiten sehr verunsichert waren. Dominant war hier die Sorge, mit den Kindern bei Bedarf ins Krankenhaus zu fahren, weil die Bilder aus Krankenhäusern, die durch die Medien gingen, Spuren hinterlassen haben. So sorgten sich die Pflegeeltern, dass sie ihre Kinder im Krankenhaus nicht besuchen dürfen, dass die Kinder dort nicht die notwendige medizinische Versorgung erhalten (Beatmung) oder dass sie in Kontakt mit Corona-erkrankten Patienten kommen und sich anstecken könnten. Hieraus entstand die Idee, FAQs zur erstellen, basierend auf eingehenden Fragen, die den Pflegeeltern schriftlich und zeitnah zur Verfügung gestellt werden können.

Was hieran deutlich wird ist, dass es ein Mehr an Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit der Kliniken bedarf! In Kinderkliniken gibt es eigene Besuchsregelungen, Beatmungsgeräte für Kinder sind auch in aktuellen Zeiten nicht knapp und die Kinderkliniken sind nicht voll von an Corona erkrankten Kindern. Zudem gibt es Abläufe, die sicherstellen, dass Kinder mit Symptomen nicht mit Kindern ohne Symptome in Kontakt kommen. Aber durch die Präsenz der überlaufenden Kliniken in den Medien und die Einschränkungen, die viele Kliniken (für Erwachsene) vorgenommen haben, entsteht in der Öffentlichkeit ein anderes Bild. Und dieses wird handlungsleitend, im schlimmsten Fall führt es dazu, dass dringend erforderliche medizinische Behandlung nicht in Anspruch genommen wird und die Kinder möglicherweise Schaden nehmen. Unsere Klinik wird nun entsprechende Öffentlichkeitsarbeit über die Homepage betreiben – aber es bräuchte noch deutlich mehr davon.“
 

Gut zu wissen: Wer ist die Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin, kurz DGKiM?

Die DGKiM ist eine Fachgesellschaft auf dem Gebiet der Kinderheilkunde, die sich aus mehreren Bereichen der Medizin und darüber hinaus zusammensetzt. Ihr Ziel ist die wissenschaftliche, klinische und praktisch-ärztliche Arbeit auf dem Gebiet der Erkennung und Verhinderung von Gewalt und Vernachlässigung an Kindern und Jugendlichen zu fördern. Auf der Homepage der DGKiM sind alle Kinderschutzgruppen in Deutschland aufgelistet und es gibt Information zu und von den Arbeitskreisen der DGKiM – etwa dem AK Prävention. Dieser sammelt bspw. aktuell über die Homepage Erfahrungen und Lösungen zu den Herausforderungen durch COVID-19 im medizinischen Kinderschutz und versorgt Kliniken mit Aufklärungs- und Informationsmaterial. An den Jahrestagungen der DGKiM werden grundlegende Themen im Kinderschutz aufgegriffen – zuletzt in 2019 das Thema des „gelebten interdisziplinären Austauschs“ unter dem Titel „Aus Schnittstellen Nahtstellen machen“. Näheres zu den Jahrestagungen finden Sie hier.

Umgang mit Verunsicherungen und Krisen der Familien

Eltern können sich sorgen, über Kontakte mit Fachkräften angesteckt zu werden und müssen entscheiden, ob sie in Zeiten von Kontaktbeschränkungen persönliche Kontakte mit Fachkräften zulassen. Das Beispiel eines Elternbriefs, um diese Ängste aufzugreifen und zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, wurde bereits im Modul „Krisenintervention“, vorgestellt.

Im Kinderschutz gilt es weiterhin zu bedenken, dass eine Entscheidung der Eltern, Kontakte nicht zuzulassen, ggf. weitgehende Auswirkungen hat – etwa wenn sich dann die Fachkräfte des Schutzes der Kinder nicht mehr sicher sein können. Zudem gibt es im Kinderschutz Konstellationen, in denen erwartbar ist, dass Eltern die Angst vor einer Ansteckung hervorheben, verbunden mit der Hoffnung, dass die Fachkräfte dies akzeptieren und sich für eine längere Zeit aus der Familie verabschieden. Und mit Versuchen der Skandalisierung, wenn sich Fachkräfte anders verhalten und das Nichtakzeptieren persönlicher Kontakte nicht folgenlos stehen lassen. Eine ASD-Mitarbeiterin sagt hierzu: „Sorgen mache ich mir vor allem um die Familien, die ohnehin versuchen, zu uns so wenig Kontakt wie möglich zu haben. Für manche stellt das Virus - neben der ehrlichen Sorge, die ich niemandem absprechen will - schon fast eine willkommene Ausrede dar, um Termine nicht wahrzunehmen und eben auch keine Hausbesuche zulassen zu wollen. Die Kinder bekommt dadurch keiner zu Gesicht und wir müssen vermehrt in die Diskussion gehen, wieso und weshalb (…) eine Kontaktaufnahme oder ein Hausbesuch trotz der Ansteckungsgefahr notwendig ist." (www.hr-inforadio.de/programm/themen) Hier braucht es eine gefestigte Haltung bzgl. der Abwägung „Kindeswohl“ und „Ansteckungsrisiko“, das Wissen um Rückendeckung durch Leitung und ein konsequentes Dranbleiben am Fall – i.S. von Aufzeigen der Folgen dieser Entscheidung, Fallreflexion im Team, Einleiten notwendiger Schutzmaßnahmen, auch unter erschwerten Bedingungen.