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Fachlich-konzeptionelle Ausgestaltung

Was ist in der fachlich-konzeptionellen Ausgestaltung der Schulbegleitung im Homeschooling zu beachten? Wie verändert sich das Aufgaben- und Rollenprofil von Schulbegleitung durch die Veränderungen der Beschulung in der Corona-Pandemie?

 

Durch die veränderten Rahmenbedingungen der Hilfeerbringung im Homeschooling sehen sich die Schulbegleitungen mit neuen Aufgaben und damit auch neuen Anforderungen konfrontiert, die bei der fachlich-konzeptionellen Ausgestaltung Berücksichtigung finden müssen.

Zusammenarbeit mit den Eltern

 

Die Frage nach der Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Eltern in der Schulbegleitung stellt sich nicht erst seit Corona. In der Praxis zeigen sich hier unterschiedliche konzeptionelle Auslegungen: Während manche Jugendämter die Elternarbeit explizit nicht als Aufgabe der Schulbegleitung definieren und sich folglich der Kontakt zwischen Eltern und Schulbegleiter*innen auf kurzen Informationsaustausch über das Kind beschränkt, gewähren andere Jugendämter zusätzliche Zeitbudgets für den Transfer ins Elternhaus.

Durch das Homeschooling stellt sich diese Frage noch einmal neu – denn die Hilfeerbringung in den Haushalten der Familien führt zwangsläufig zur einer deutlichen Intensivierung in der Zusammenarbeit / des Kontakts mit den Eltern. Zudem stellt die veränderte Familiensituation (Wegfall externer Betreuungsmöglichkeiten, Arbeiten im Homeoffice mit anwesenden Kindern, fehlende Freizeitaktivitäten, fehlender Kontakt zu Freunden/Bekannten) viele Familien vor große Herausforderungen. Kinder im Homeschooling zu unterstützen kann die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern belasten. Familiäre Probleme können sich verstärken und/oder neue entstehen.

Schulbegleiter*innen können hier auch über die konkreten Lernsituationen hinaus unterstützen, sind dabei aber zum Teil auch herausgefordert, außerhalb ihres originären und/oder bisherigen Kernkompetenzbereiches agieren zu müssen. Für die Ausgestaltung der Schulbegleitung im Homeschooling gilt es daher, folgende Fragen zu klären:

  • Welche Aufgaben in der Zusammenarbeit mit den Familien sollen (auch) von Schulbegleiter*innen übernommen werden? Wo kann und soll Schulbegleitung zur Entlastung der Familien betragen?
  • Wo und wie kann erkannter Mehrbedarf, der durch die Schulbegleitung ggf. in den Familien festgestellt wird, an geeignete weitere Leistungsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe weitervermittelt werden?
  • Sind alle Schulbegleiter*innen für die ggf. zusätzlich auftretenden Aufgaben ausreichend qualifiziert? Wie können Schulbegleitungen auf die ggf. angespannte Situation in Familien vorbereitet und im Umgang mit diesen Situationen geschult werden?

Gleichzeitig wünschen sich nicht alle Familien eine Unterstützung im Homeschooling und möchten nicht, dass ein/e Schulbegleiter*in zu ihnen nach Hause kommt. Auch hierauf gilt es die Fachkräfte vorzubereiten und zu klären, wie damit umzugehen ist, wenn seitens der Schulbegleiter*innen dennoch ein Hilfebedarf gesehen wird.

Hilfebedarf der Kinder

 

Die Situation im Homeschooling bzw. der Wechsel zwischen Distanz- und Präsenzunterricht stellt auch die Kinder vor große Herausforderungen. Gewohnte Strukturen werden aufgebrochen – an ihre Stelle treten vollkommen neue und ständig wechselnde Vorgaben und Regelungen. Nicht alle Kinder haben Eltern, die beim häuslichen Lernen motivieren sowie strukturell und fachlich unterstützen können. Eine besonders große Belastung stellt die aktuelle Situation außerdem für Kinder dar, die in besonderer Weise auf geregelte Abläufe und wiederkehrende Routinen angewiesen sind, wie z.B. Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADS und ADHS). Eine Unterstützung im Homeschooling durch Schulbegleitung ist daher für viele Kinder und ihre Familien jetzt besonders wichtig. Sie kann verhindern, dass sich ungünstige Voraussetzungen multiplizieren.

Die veränderte Situation kann bei den Kindern neue / andere Bedarfe auslösen und eine Anpassung der konkreten Unterstützungsleistung erforderlich machen. Schulbegleiter*innen sind hier gefragt, sensibel die jeweiligen Bedarfe wahrzunehmen. Unter anderem sollte Unterstützung

  • im Umgang mit der neuen Schulstruktur (Gruppenaufteilungen, Präsenz- im Wechsel mit Distanzunterricht)
  • bei der Schaffung eines strukturierten Rahmens im Homeschooling
  • bei der Aufrechterhaltung der Motivation

im Fokus stehen. Ggf. kann die Schulbegleitung auch bei ganz praktischen Tätigkeiten wie dem Ausdrucken und Vorbeibringen der Homeschooling-Unterlagen unterstützen.

Mindestens ebenso wichtig wie die Unterstützung in den Lernsituationen ist die Vermeidung von sozialer Isolation. Auch im Homeschooling gilt es „behinderungsbedingte Abkapselung, Isolation, Beziehungsarmut, Kommunikations- bzw. Artikulationsdefizite“ zu bearbeiten und „den Zugang zur schulischen Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu sichern“ (DIJuF ebd.).

Damit einher gehen Aufgaben wie:

  • Unterstützung bei der Gestaltung von Beziehungen im virtuellen Unterricht
  • Soziale Kontaktbedürfnisse des Kindes wahrnehmen und bei deren Erfüllung unterstützen 
  • Fähigkeiten zu Kommunikation und sozialadäquatem Verhalten praktisch einüben.

Zusammenarbeit mit der Schule

 

Die konkrete Organisation und Ausgestaltung der Schulbegleitung im Homeschooling ist zudem auch abhängig davon, wie der eingeschränkte Regelbetrieb von der jeweiligen Schule organisiert wird. So sind verschiedene Betreuungssettings und Vorgaben möglich:

  • Wochenweiser Wechsel von Distanz- und Präsenzunterricht oder Vormittags-/Nachmittagsklassen?
  • Parallele Beschulung im Klassenraum vor Ort und im digitalen Klassenraum?
  • Aufteilung in kleinere rotierende Lerngruppen?

Zum Teil ist der Start der Schulbegleitung im eingeschränkten Regelbetrieb auch an bestimmte Voraussetzungen seitens der Schule geknüpft: z. B.

  • Schulbegleiter*innen müssen sich mit dem jeweiligen Hygienekonzept der Schule befasst haben und/oder der Träger muss ein spezifisches Hygienekonzept vorlegen
  • die Schule muss eine Zutrittserlaubnis für den/die Schulbegleiter*in erteilt haben
  • Schulbegleiter*innen dürfen jeweils nur an einer Schule eingesetzt werden / tätig sein

Entsprechend kann die Frage nach dem Einsatz von Schulbegleitung im eingeschränkten Regelbetrieb meist nicht pauschal beantwortet werden. Stattdessen gilt es, gemeinsam mit der jeweiligen Schule individuelle Lösungen zu entwickeln.

Auch die Gestaltung der Kooperation zwischen Lehrkräften und Schulbegleiter*innen sollte in den Blick genommen und gegebenenfalls angepasst werden:

  • Wie kann der Informationsaustausch sichergestellt werden?
  • Welche Kommunikationswege und -formate können hierfür genutzt werden?
  • Welche zeitlichen Abstände des Austauschs erweisen sich als sinnvoll?

Insgesamt ist zu beachten, dass die Leistungen zur schulischen Teilhabe auch im Homeschooling den Zugang zu und die Teilhabe an Bildung ermöglichen oder sichern muss. Aufgaben aus dem Bereich originärer schulischer Kernkompetenz (insbesondere die Wissensvermittlung) gehören nicht zur Aufgabe von Schulbegleitung. Eine Reduzierung der Schulbegleitung im Homeschooling auf eine reine „Lern- und Hausaufgabenhilfe/-betreuung“ sollte vermieden werden.

Handreichungen und Stellungnahmen

Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie in Rheinland-Pfalz stellt den Kreisverwaltungen und Verwaltungen der kreisfreien Städte in RLP diese Handreichung zum Einsatz von Integrationshilfen für Kinder mit Behinderungen nach SGB IX und SGB VIII während der Corona-Pandemie zur Verfügung.

Die Landeselternkonferenz (LEK) NRW fordert in ihrer Pressemeldung eine Gleichbehandlung aller Schüler*innen sowie schulische und häusliche Unterstützung für Schüler*innen mit Förderschwerpunkten geistige und körperlich-motorische Entwicklung.